The Beauties and the Beast: Wie Du den Instagram-Schönheitsidealen entfliehst

Social Media Stars wie die Kardashians oder Influencerinnen wie Pamela Reif haben Millionen von Follower*innen auf Instagram. Tagtäglich posten sie Bilder von sich und setzen damit vollkommen utopische Beautystandards. Die Orientierung an diesen kann zu einem geringen Selbstwert und mentalen Krankheiten führen. Dabei kann die richtige Nutzung von Instagram das genaue Gegenteil bewirken.

Credits: Unsplash/Laura Chouette
Von Gastautor*in

+++ Trigger-Warnung: Dieser Artikel enthält potenziell triggernde Elemente, wie ein gestörtes Körperbild und Essverhalten +++

Das weibliche Schönheitsideal in westlichen Kulturen ist für die meisten Frauen schon allein aus biologischen Gründen unerreichbar. Alexandra Daszkowski beschreibt in ihrem Buch „Das Körperbild bei Frauen und Männern“ das ideale Aussehen von Frauen als „konstruktionsbiologisch zusammengestückelte Kind-Frau mit wohlgeformtem Busen, dünner Taille, schmalen und zugleich gerundeten Hüften und langen Beinen.“ Während Schlankheit in westlichen Gesellschaften hervorgehoben und belohnt wird, wird Übergewicht stigmatisiert und ist mit negativen Vorurteilen belastet.

Dieses Schönheitsideal existiert auch in sozialen Medien und wird vor allem auf Instagram verbreitet. Eine amerikanische YouTuberin verglich 2019 22 optische Merkmale von den 100 Frauen mit den meisten Follower*innen auf Instagram und fand dabei heraus, dass sich viele der Frauen sehr ähnlich sehen. Dieser Analyse nach stellt das Instagram-Schönheitsideal eine kaukasische Frau mit herzförmigem Gesicht, kleiner Nase, vollen Lippen, großen, dunklen Augen, dunklen Haaren, die bis zur Mitte des Rückens reichen, einem flachen Bauch (aber auf keinen Fall ein Sixpack) und einer sanduhrförmigen Figur dar.

Nicht alle Inhalte auf Instagram, die sich mit dem Aussehen beschäftigen, entsprechen diesem Ideal. Instagram bietet auch Platz für Communities wie der „Fat Acceptance Community“, die die Akzeptanz und Entstigmatisierung von Übergewicht voranbringen möchte, oder der „Pro-Anorexia Community“, die einen bulimischen Lebensstil bewirbt. Einige Inhalte auf Instagram können also auch zur Akzeptanz des eigenen Körpers beitragen, der Großteil aber verbreitet Schönheitsideale, die fernab der Realität und schädlich für die Nutzenden sind. Der Konsum dieser Inhalte kann zu Depressionen und geringerem Selbstbewusstsein führen. Besonders Frauen sind in der Folge anfällig für die Entwicklung eines gestörten Selbstbildes und die Bildung von Essstörungen.

Dazu tragen unter anderem auch die vielen Filter auf Instagram bei. Nutzer*innen und Influencer*innen verbringen zum Teil Stunden damit, Bilder aufzunehmen, den richtigen Winkel und das richtige Licht für diese zu finden und die Bilder anschließend zu bearbeiten. Dadurch kann bei Nutzer*innen der Eindruck entstehen, dass auf Instagram nur Personen mit perfektem Aussehen, Leben und perfekten Beziehungen sind. Dieser Eindruck wird dann auf die Realität übertragen und es entsteht Unzufriedenheit mit dem eigenen Leben, wenn dieses nicht genauso perfekt ist. Die Nutzung von Filtern auf Instagram kann unter anderem sogar dazu führen, dass die Nutzer*innen so an ihr Aussehen mit Filtern gewöhnt sind, dass sie ihr natürliches Spiegelbild anekelt. Um diesem Phänomen entgegenzuwirken, hat Norwegen erst kürzlich ein Gesetz verabschiedet, nach dem bearbeitete Fotos von Influencer*innen oder in der Werbung markiert werden müssen.

Ein Teufelskreis: Das sagt die Wissenschaft zur Insta-Nutzung

Doch warum benutzen wir Instagram überhaupt noch, wenn wir doch eigentlich wissen, dass es uns nicht guttut und vieles, was wir sehen, nicht echt ist? Das lässt sich mithilfe des Uses and Gratifications Ansatzes leicht erklären. Demnach nutzen wir Instagram, um bestimmte Bedürfnisse zu befriedigen; wie zum Beispiel durch andere und deren Aussehen Bestätigung über unser Äußeres zu bekommen. Wir vergleichen uns in diesem Zug mit verschiedenen Instagram-Nutzenden und merken oft zu spät, dass dieser selbstbezogene soziale Vergleich negative Auswirkungen auf unser Wohlbefinden hat. 

Dem Differential Susceptibility Modell zufolge sind manche Nutzende besonders anfällig für diesen schädlichen Aufwärtsvergleich mit oft idealisierten und stark bearbeiteten Körperbildern. Laut einer Studie von Richard M. Perloff aus dem Jahr 2014 sind vor allem die Internalisierung des Schlankheits-Ideals durch Hashtags wie #Fitspo und die hohe Wichtigkeit des Aussehens für das Selbstwertgefühl Anzeichen für eine hohe Anfälligkeit für falsche Körperideale auf Instagram. Treffen diese Faktoren auf Depressionen oder Perfektionismus, geraten Betroffene oft in einen negativen Kreislauf der Instagram-Nutzung, aus dem jedes Entkommen schwierig ist. Ist eine Person mit dem eigenen Aussehen unzufrieden und die prädisponierenden Faktoren werden erfüllt, sucht diese auf Instagram nach der Bestätigung, gut zu sein, so wie sie ist. Da dies durch idealisierte Körperbilder schwer möglich ist und der soziale Vergleich negativ ausfällt, fühlt die Person sich noch unwohler in ihrem eigenen Körper als zuvor.

Credits: Unsplash/Monika Kozub

Dieses unwohle Gefühl führt dann erneut zur Suche von Bestätigung online, welche meist wiederrum nicht gefunden werden kann.

Was Du tun kannst, um Instagram zu einem Safe Space zu machen.

Hinter all dem verbirgt sich die Frage danach, wie man soziale Medien nutzen kann, ohne dass es problematische, wenn nicht sogar schädliche Auswirkungen auf uns hat. Daher haben wir hier vier Tipps, für deine konstruktive Instagram-Nutzung:

1. Es geht vor allem ums Bewusstsein!

Mache dir bewusst, dass nicht jeder Post in den sozialen Medien die Realität abbildet. Dank Photoshop und diversen Beauty-Filtern kann jeder perfekt aussehen oder das eigene Leben so erscheinen lassen. Im Endeffekt sind wir alle nur Menschen mit ganz individuellen Fehlern und Makeln, auch wenn diese nicht immer auf den ersten Blick ersichtlich sind. Mache dir bewusst, dass niemand perfekt ist.

2. Nimm es selbst in die Hand!

Unser Instagram-Feed wird einzig und allein durch uns bestimmt. Welchen Profilen wir folgen und welche Inhalte wir uns anschauen, ist letztlich unsere Entscheidung. Über verschiedene Algorithmen passt sich Instagram unserer Nutzung an. Wir beeinflussen dementsprechend selbst, was uns angezeigt wird und welche themenspezifischen Inhalte wir konsumieren. Meide daher bewusst Accounts, die für dich problematische Ideale verkörpern oder darstellen.

3. Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser!

Versuche, deine Nutzung von sozialen Medien noch weiter zu kontrollieren. Viele Handys bieten eine Funktion, mit der du regeln kannst, wie viel Zeit du täglich auf Instagram verbringst. Ist die von dir zuvor eingerichtete Nutzungszeit erreicht, bekommst du eine Benachrichtigung und du kannst genau kontrollieren, wie viel Zeit du auf Instagram verbracht hast. Oder wie wäre es mit einer drastischeren Maßnahme als die bloße Kontrolle der Nutzungszeit? Lösche deinen Account. Das mag zunächst vielleicht ziemlich hart erscheinen, eröffnet dir aber ganz neue Möglichkeiten, die Welt um dich herum und auch dich selbst wahrzunehmen. 

4. Alles eine Frage der Einstellung!

Letztlich ist alles in unserem Leben Einstellungssache. Vor allem im Bereich der Körper- und Selbstliebe geht es um Akzeptanz und die richtige Einstellung. Du musst dein Aussehen nicht abfeiern, sondern akzeptieren. Du kannst deinen Körper schön finden oder nicht, aber er definiert dich nicht. Dein Charakter und deine Einstellung sind das, was dich auszeichnet.

This isn’t The Bad Place

In diesem letzten Abschnitt soll es noch einmal genauer um das bewusste Zusammenstellen des eigenen Instagram-Feeds gehen. Denn fern ab von #fitspo und Co. gibt es zunehmend mehr Persönlichkeiten und Accounts, die klassischen Schönheitsidealen sowie neuen unerreichbaren Beauty-Standards und Trends den Kampf angesagt haben. 

So zum Beispiel Jameela Jamil (@jameelajamilofficial). Die britische Moderatorin, Schauspielerin und selbst ernannte „Feminist-in-progress“ wird einigen vielleicht aus der US-amerikanischen Sitcom The Good Place bekannt sein, in der sie als Tahani Al-Jamil versuchen musste, das Leben nach dem Tod zu meistern. Im März 2018 brachte die heute 35-jährige spontan einen Stein ins Rollen, der zur Gründung ihrer „I Weigh“-Bewegung führte. Auslöser war ein Instagram-Post, auf dem die Kardashians samt ihrer jeweiligen Gewichtsangaben abgebildet waren. Jamil beklagte daraufhin in ihrer Story, dass Frauen beigebracht werde, sich auf diese Art und Weise (nicht) wertzuschätzen. Aus Protest reagierte sie mit einem Bild von sich selbst und einer Aufzählung ihrer Charaktereigenschaften, die weitaus mehr wiegen als Kilogramm. Bei „I Weigh“ geht es schon lange nicht mehr nur um Gewicht, sondern vielmehr um radikale Inklusivität. Das Projekt umfasst mittlerweile einen Instagram Account (@i_weigh), Podcast sowie YouTube-Kanal und eignet sich perfekt, um den eigenen Feed in einen „Good Place“ zu verwandeln.

Auch im deutschsprachigen Raum gibt es für Nutzer*innen mit diesem Vorhaben einige Anlaufstellen. Die Plus-Size-Bloggerin Jules (@schoenwild) setzt sich auf Instagram für Body Positivity und gegen Gewichtsdiskriminierung ein. Sie war unter anderem schon in den „Funk“-Formaten Y-Kollektiv und reporter. auf YouTube zu sehen. Letzteres begleitete Jules im vergangenen Sommer bei einem Shooting zu ihrer #RespectMySize Kampagne. Die Fotostrecke war eine Reaktion auf ein Interview, in dem sich eine Hotelbesitzerin aus Cuxhaven diskriminierend gegenüber dicken Menschen äußerte und räumte mit Vorurteilen sowie Beleidigungen auf. Seit kurzem gibt es auch einen gleichnamigen Podcast.

Ebenfalls aus dem Hause „Funk“ stammt der Channel „Glanz&Natur“ (@glanzundnatur), der sich nach eigenen Angaben mit nachhaltigen Beautythemen, ganzheitlicher Gesundheit und Körperakzeptanz befasst. Von Köperbehaarung, über das Thema Periode bis hin zur Sexualität und noch vieles mehr – hier ist für jede*n etwas mit dabei.

Genauso lohnt es sich, einmal bei Antonia C. Wesseling (@tonipure) vorbeizuschauen. Neben Büchern, Veganismus und Achtsamkeit redet die Autorin regelmäßig über ihre Essstörung, die nun der Vergangenheit angehört. In ihrem eigenen Buch „Wie viel wiegt mein Leben? Warum wir bei Magersucht über den Tellerrand schauen müssen“ betont sie, wie wichtig es ist, nicht nur die Symptome einer Essstörung, sondern auch deren Ursachen zu behandeln. 

Die Suche nach einem gesunden Körper(bild) muss also nicht auf Instagram enden, aber mit ein paar bewussten Klicks kann sie vielleicht sogar dort anfangen; auch wenn es auf den ersten Blick oftmals nicht so scheint.

Autor*innen: Sina Claßen, Lea Friedel, Carolin Kaufmann, Katrin Rothermel


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