Gooping-Around

Gwyneth Paltrow ist die Frau, die manche Menschen gerne hassen. Deshalb sorgte der Netflix-Launch ihrer Miniserie mit dem Titel ‚The goop Lab‘ für viel Wirbel. Ein Kommentar zu der Serie, die zwar keiner schaut, aber trotzdem irgendwie jeder kennt.

Von Sabina Crisan

„Meine Berufung ist etwas anderes, als mit Matt Damon auf dem Bildschirm rumzumachen“
–ist der Grund, warum Gwyneth 2008 beschlossen hat, „Goop“ zu gründen, ein Unternehmen, das inzwischen 250 Millionen Dollar wert ist.

Das Unternehmen ist bekannt für allerlei bizarre Produkte: von vaginalen Quarz-Eiern über teure Goldvibratoren bis hin zu Raumschutzsprays, das psychische Vampire vertreiben sollen. Immer wieder hagelt es Kritik, denn die bei Goop beworbenen Produkte versprechen medizinische Wirksamkeit, die wissenschaftlich vollkommen unbelegt ist. Gwyneth Paltrow nutze ihre Position als Hollywood-Schauspielerin, um wirkungslose, überteuerte und manchmal sogar gefährliche Produkte an verunsicherte Frauen zu verkaufen, so der Vorwurf.

Vor genau diesem Hintergrund sorgte die Netflix-Serie „The goop Lab“ schon bei ihrer Ankündigung für Proteste auf Twitter. Die Miniserie besteht aus sechs 30-minütigen Folgen und ist nur zur „Unterhaltung“ gedacht. Jede Episode beginnt mit einem Disclaimer, der besagt, dass sie nicht dazu geeignet ist, „den sachlichen Rat eines Arztes zu ersetzen“. Vielleicht haben Gwyneth oder zumindest ihre Anwälte gelernt, keine falschen medizinischen Behauptungen aufzustellen, nachdem sie einen Rechtsstreit über vaginal einzuführende Jade-Eier verloren hatten – sie sollten (fälschlicherweise) den Menstruationszyklus ausgleichen und die Feminität erhöhen. Elise Loehnen, Chief Content Officer bei Goop und Gwyneth’s rechte Hand, erklärt das Ziel der Serie weiter: Sie soll „Ideen erforschen, die da draußen sind (sic!) und die den Menschen zu unheimlich erscheinen könnten, um sie zu erfassen und sich eine eigene Meinung zu bilden“.

Proteste bereits bei Ankündigung der Serie        

Man kann diese Serie als belanglose, oberflächliche Unterhaltungsshow abtun. Das Netflix der umstrittenen Firma Goop eine große und internationale Plattform bietet, sorgt aber für Kontroversen. Dabei ist die Serie definitiv weniger aufdringlich als der Goop-Onlineshop und verzichtet immerhin auf irreführende Marketingbehauptungen. Darüber hinaus gibt es keine offensichtliche Produktplatzierung oder sichtbare Werbung für den Goop-Shop. Trotzdem bezeichnen Kritiker, wie die Nachrichtenagentur Bloomberg, die Serie als ein „Infomercial“, da die meisten Gäste zuvor im monetarisierten Goop-Podcast erschienen sind. Zudem liegt nahe, dass einige Goop-Produkte zumindest indirekt mit den Episoden der Serie verknüpft werden könnten.     

Ein Blick auf den Inhalt: Im Verlauf von sechs Episoden begeben sich die Goop-Mitarbeiter (oder wie sie sich selbst liebevoll nennen: die Goopers) auf einen Magic Mushroom-Trip, erforschen die weibliche Sexualität, Exorzismus und experimentieren mit Hellseherei, Kältetherapie und Diäten. In dem Bestreben, einen modernen Lifestyle zu propagieren, dreht sich in der Serie alles um Selbstoptimierung.          

 Wissenschaft oder doch nur Marketing?        

Wenn man die Serie als Unterhaltung betrachtet, ist die Episode mit Ms. Jackson, die als „eine der größten lebenden Hellseherinnen“ vorgestellt wird, bestenfalls eine schrille Komödie, die einen immer wieder dazu einlädt, sich mal wieder mit dem Übersinnlichen zu verbinden. Die darauffolgende Diät-Episode nutzt das Streben der Frauen nach ewiger Jugend aus, etwas das Gwyneth perfekt auf ihre Website zu vermarkten weiß. Wim Hoff, ein holländischer Athlet, der sich selbst als „Iceman“ bezeichnet, wirbt in einer Episode dafür, dem Körper äußere Reize (Kälte) zuzufügen und die Reaktion des Körpers mit Atemübungen zu hemmen, während man gleichzeitig Depressionen und Panikzustände behandelt. Während diese Behauptungen kaum wissenschaftlichen Wert haben, ist es eher amüsant zu sehen, wie die Goopers Snowyoga machen und in den sehr kalten Tahoesee springen, um die Grenzen ihrer Ausdauer zu testen. Wenn man von der unsinnigen Berufung auf die Quantenphysik absehen kann, ist die Episode mit John Amaral, einem Chiropraktiker der an das „Age of Energy“ glaubt, ein schrecklich amüsanter Beweis für schlechtes Schauspiel (sogar von der Oscar-Preisträgerin). Während er „die Energiefelder zu modifiziert“, indem er pfeift und seine Hände bewegt, verdrehen die Goopers ihre Körper in einem improvisierten Tanz und behaupten, einen Exorzismus zu erleben.

Eine andere Episode befasst sich mit dem Einsatz von Psychedelika bei der Behandlung von psychischen Krankheiten. Dabei werden ein Psychiater und ein Direktor der Multidisziplinären Vereinigung für psychedelische Studien (MAPS) als Experten eingeladen. Die Mikrodosierung von Psilocybin, dem psychoaktiven Wirkstoff in Magic Mushrooms, hat in frühen Studien, in denen posttraumatische Belastungsstörungen oder klinische Depressionen untersucht wurden, zu positiven Ergebnissen geführt. Bei der Mikrodosierung sollen diese Wirkstoffe keine Abhängigkeit verursachen, wie etwa Benzodiazepine, die häufig zur Behandlung psychischer Krankheiten eingesetzt werden. Hiervon inspiriert, begeben sich die Goopers auf eine Reise nach Jamaika, um einen Magic Mushroom-Tee zu probieren. Wieso sich das Personal in einem „zeremoniellen Rahmen, umgeben von psychedelischen Ältesten“ auf den Trip begibt, wird sicherlich bei einigen Zuschauern Stirnrunzeln verursachen. Als die Ältesten aber aufspringen, um einen Gooper zu umarmen, der das Trauma seines entfernten Vaters verarbeitet, erblickt man eine familiärere Umgebung, die in einem medizinischen Labor nicht möglich wäre. Die Forschung hinter dieser Episode ist legitim. Die Herangehensweise des Labs an die psychische Krankheit und das Trauma scheint jedoch recht simplistisch.

Simplistische Herangehensweise   

Der wortwörtliche Höhepunkt der Serie ist eine Folge, die sich auf die weibliche Sexualität fokussiert. Der Augenblick, in dem Dr. Betty Dodson, die für ihren feministischen sexuellen Aktivismus bekannt ist, Gwyneth den Unterschied zwischen Vagina und Vulva erklärt, sollte beim weiblichen Publikum den Nerv treffen. Die Episode ermutigt Frauen, sich ihrer Sexualität bewusst zu werden, indem sie sie über ihre eigene Anatomie aufklärt. Und das alles ohne jegliche Anspielung auf Quarz-Eier!

Alles in allem kann man die Serie als frivole Unterhaltung betrachten. Mein Hauptkritikpunkt ist, dass persönlicher Erfahrungen stärker gewichtet werden als wissenschaftliche Erkenntnisse. Dabei bergen Anekdoten das Problem, dass ihre Ergebnisse von mehreren nicht berücksichtigten Variablen abhängen. Die wissenschaftliche Kausalität zwischen persönlicher Erfahrung und den Auswirkungen bestimmter Behandlungen, kann nicht nach einem Magic Mushroom-Tee oder Schneeyoga bewertet werden. Während sie persönliche Erfahrungen hervorheben und eigene Schlüsse ziehen, verwischen Gwyneth und ihre (fragwürdigen) Experten die Grenzen zwischen Wissenschaft und Pseudowissenschaft. So unterhaltsam dies auch ist, muss man sich doch die Frage stellen: is it safe to goop-around?


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