Friedensnobelpreis erstmals für zwei Journalist*innen

Zu den bekanntesten Preisträger*innen des Friedensnobelpreises zählen Willy Brandt, Mutter Theresa, Barack Obama und die EU. Nun haben in diesem Jahr mit Maria Ressa und Dmitry Muratov erstmals zwei Journalist*innen die Ehrung erhalten. Wer sind die beiden und warum ist diese Auszeichnung so bedeutend für die Pressefreiheit?

Von Luisa Hansen
Bildrechte: III. Niklas Elmehed © Nobel Prize Outreach

Am 8. Oktober gab das norwegische Nobelpreiskomitee bekannt, dass der diesjährige Friedensnobelpreis an die Journalist*innen Maria Ressa und Dmitry Muratov geht. Seine Entscheidung begründete das Komitee mit dem mutigen Kampf der beiden für die Pressefreiheit in ihren Heimatländern, den Philippinen und Russland. Außerdem würden die Medienschaffenden und ihre Arbeit repräsentativ für alle Journalist*innen weltweit stehen, „die sich für dieses Ideal einsetzen in einer Welt, in der Demokratie und Pressefreiheit zunehmend gefährdet sind“. Der Friedensnobelpreis gilt als eine besondere Auszeichnung mit hohem politischem Stellenwert und stellt den Höhepunkt aller Nobelpreisverleihungen jedes Jahr dar. In diesem Jahr war er mit zehn Millionen Schwedischen Kronen dotiert, was etwa 980.000€ entspricht. Anders als die sonstigen Nobelpreise wird der Friedensnobelpreis nicht von einem schwedischen, sondern einem norwegischen Komitee in Oslo verliehen. Wer alles für den Friedensnobelpreis nominiert ist, wird im Voraus nie bekannt gegeben. Auch nach Bekanntgabe der Gewinner*innen werden die restlichen Nominierungen für weitere 50 Jahre geheim gehalten. Bekannt ist aber, dass es in diesem Jahr insgesamt 329 Nominierungen gab. 

Furchtloser Kampf für die Pressefreiheit

Maria Ressa machte auf den Philippinen auf Machtmissbrauch, Gewalt und zunehmende Autorität der Regierung aufmerksam. Sie gründete 2012 Rappler mit, ein digitales Medienunternehmen für investigativen Journalismus, das sie bis heute leitet. Als Journalistin und Chefin habe Ressa sich als furchtlose Verteidigerin der Meinungsfreiheit gezeigt, so das norwegische Komitee. Rappler klärte kritisch über den blutigen Anti-Drogen-Krieg des philippinischen Präsidenten Duterte und seiner Regierung auf. Der Präsident ließ im Kampf gegen Drogen in seinem Land unter anderem Dealer und Kleinkriminelle verfolgen und töten. Menschenrechtsorganisationen schätzen, dass es in diesem Zusammenhang circa 10.000 Tote gab. Außerdem dokumentierte Rappler, wie soziale Medien genutzt werden, um gezielt Fake News zu verbreiten und den öffentlichen Diskurs manipulieren sollen. 2020 gab es ein Strafverfahren gegen Ressa wegen „Diffamierung im Internet“. Sie wurde zu sechs Jahren Haft verurteilt, ging aber in Berufung und konnte so auf Kaution freikommen. Gleichzeitig gibt es sechs weitere Anklagen gegen sie, unter anderem wurden Ressa und ihr Medienunternehmen von den philippinischen Behörden wegen Steuerhinterziehung angeklagt. Die Beschuldigungen werden von Menschenrechtsorganisationen als Angriff und Einschüchterungsversuch der freien Presse gesehen. 

Dmitry Muratov hat über Jahrzehnte hinweg die Meinungsfreiheit in Russland unter ständig schwierigeren Bedingungen verteidigt. Er ist einer der Gründer der 1993 entstandenen und unabhängigen Zeitung Nowaya Gaseta. 1995 wurde er zum Chefredakteur dieser. Sie gilt heute als die unabhängigste Zeitung Russlands mit einer sehr kritischen Einstellung gegenüber der russischen Regierung. Nowaya Gaseta hat sich als eine der wichtigsten Informationsquellen für viele Themen, über die andere russische Medien nicht berichten, etabliert. Seit der Gründung berichtete die Zeitung kritisch über Themen wie Korruption, Polizeigewalt, unrechtmäßige Verhaftungen und Wahlbetrug. Aufgrund der Arbeitsweise und Themenwahl hat die Zeitung regelmäßig mit Belästigungen, Bedrohungen, Gewalt und Mord zu kämpfen. Seit Entstehung der Zeitung wurden sechs ihrer Journalist*innen getötet. Trotz dieser Repressionen weigerte sich Chefredakteur Muratov stets, seine unabhängige journalistische Arbeitsweise aufzugeben. Er verteidigte durchgehend das Recht von Journalist*innen, frei über wen und was sie wollen zu schreiben, solange dies den professionellen und ethischen Standards von Journalismus entspreche.

Starke Botschaft für unabhängigen Journalismus 

Das Komitee machte bei der Bekanntgabe der Gewinner*innen des Friedensnobelpreises deutlich, wie wichtig freier, unabhängiger und faktenbasierter Journalismus sei. Er sorge dafür, dass Machtmissbrauch, Lügen, Krieg und Propaganda verhindert werden können. Das Komitee sei außerdem überzeugt davon, dass Meinungs- und Informationsfreiheit eine informierte Öffentlichkeit sicherstellen.

Bildrechte: © Nobel Prize Outreach. Photo: Jo Straube

Diese Rechte seien eine wichtige Voraussetzung für Demokratie. Dass die beiden Journalist*innen den Friedensnobelpreis erhalten, soll die Wichtigkeit, dass diese fundamentalen Rechte verteidigt und beschützt werden, unterstreichen, so das Komitee. Die Nichtregierungsorganisation Reporter ohne Grenzen bezeichnete die Auszeichnung als eine Würdigung für Journalismus und „starke Botschaft in einer Zeit, in der Demokratie weltweit durch Desinformation und Hassrede bedroht werden“.

„Die Regierung wird nicht glücklich sein“

Maria Ressa reagierte sehr überrascht auf ihre Auszeichnung und teilte außerdem mit, dass sie glaube, „die Regierung wird nicht glücklich sein“. Muratov widmete seinen Nobelpreis umgehend der ganzen Redaktion seiner Zeitung, insbesondere den ermordeten Journalist*innen. Er selbst sagte aber, dass er die Auszeichnung dem Oppositions-Kritiker Nawalny gegeben hätte. In Russland war vor allem bei anderen unabhängigen Medienschaffenden und Oppositionellen die Freude über den Preis groß. Der Oppositionspolitiker Wladmir Ryschkow bezeichnete Muratov und seine Zeitung als „den Stolz Russlands“. Der Sprecher des Kremls Dmitrij Peskow gratulierte Muratov und bezeichnete ihn als „talentiert und tapfer“. Ob Putin ihm aber auch persönlich gratulieren wird, wisse er nicht. Am 10. Dezember fanden traditionell die Feierlichkeiten mit der Verleihung des Preises in Oslo statt, bei denen dieses Jahr auch Ressa und Muratov anwesend waren. Bis kurz vor der Verleihung war jedoch unklar, ob Ressa einreisen könnte, da ihr die Reise nach Oslo aufgrund der laufenden Gerichtsverfahren gegen sie von der philippinischen Regierung verwehrt wurde. 


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