Rekord-Publikation verschwindet: Ikea-Katalog wird eingestellt

Die ehemals auflagenstärkste Publikation verschwindet von der Bildfläche. Verändertes Kund*innenverhalten und Nachhaltigkeitsbestreben des schwedischen Unternehmens begründen den Wandel. Nun sollen digitale Wege eingeschlagen werden

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Von Jessica Gebert

70 Jahre lang war der Ikea-Katalog ein wichtiger Faktor für den Erfolg des schwedischen Unternehmens. Vor gerade einmal fünf Jahren hatte die Auflage des Kataloges seinen Höhepunkt erreicht: 2016 wurden rund 200 Millionen Exemplare in über 50 Ländern auf der ganzen Welt verteilt – in 69 Versionen und 32 Sprachen. Mit dieser Auflage übertraf der Katalog sogar die Auflage der Bibel mit zuletzt 40 Millionen Exemplaren pro Jahr. Damit war der Katalog zeitweise die weltweit auflagenstärkste Publikation.

Digitalisierung und Umweltschutz als Gründe für den Wandel

Jetzt habe sich das Verhalten der Kunden aber so stark geändert, dass die aktuelle Ausgabe des Kataloges die letzte sein soll, begründet Ikea den Schritt. So wurde das gedruckte Warenverzeichnis in den letzten Jahren immer weniger genutzt. Stattdessen erledigen 80 Prozent der Kund*innen ihren Einkauf bereits im Netz. Im Geschäftsjahr 2019/2020 konnten rund 3,6 Milliarden Nutzer*innen auf der Homepage von Ikea verbucht werden, so viele wie nie zuvor. Auch auf dem deutschen Markt stieg die Bedeutung des Internets für den Umsatz des Unternehmens in diesem Jahr von 9,4 auf 16,2 Prozent. 

Diese Veränderungen werden auch auf die Corona-Pandemie zurückgeführt: Von den 387 Einrichtungshäusern in über 30 Ländern mussten 80 Prozent wochenlang schließen. Dafür stieg der Online-Umsatz des Unternehmens erheblich. Aber auch unabhängig von der Pandemie vermutet Ikea diesen Trend für die Zukunft.

Neben der veränderten Mediennutzung der Kund*innen ist auch die Nachhaltigkeitsstrategie des Unternehmens ausschlaggebend für die Einstellung des Print-Kataloges. Zuletzt wurde die weltweite Auflage auf 40 Millionen reduziert, um den Papierverbrauch zu verringern und den Co2-Ausstoß in der Logistik zu senken. Auch auf dem umsatzstärksten Markt in Deutschland wurde die Auflage von 23 Millionen Exemplaren im Jahr 2019 auf 8,5 Millionen für die aktuelle und letzte Ausgabe reduziert. 

Bis 2030 will Ikea klimapositiv sein. 3,2 Milliarden Euro ließ sich das Unternehmen dieses Vorhaben bisher kosten, weitere 600 Millionen sind für dieses Geschäftsjahr geplant. Mit dem Geld wurde etwa in Windparks investiert oder sich an Recyclingfirmen beteiligt, um so wenig Ressourcen wie möglich zu verschwenden. Auch 920.000 Solarmodule wurden auf den Dächern der Filialen und Distributionszentren installiert und die Beleuchtung der Einrichtungshäuser vollständig auf LEDs umgerüstet. Bis 2025 soll die Zustellung zudem komplett durch Elektroautos geschehen.

Von Älmhult in die Welt

Der Ikea-Katalog war von Anfang an ein wichtiger Bestandteil des Unternehmens. Ikea wurde 1943 von Ingvar Kamprad gegründet, der damals gerade einmal 17 Jahre alt war. Zunächst verkaufte er Haushaltsartikel wie Stifte, Brieftaschen und Bilderrahmen. Das Dorf Älmhult – in welchem das Unternehmen gegründet wurde und wo noch heute ein Entwicklungszentrum steht – lag dabei so abgelegen, dass es schwierig war, neue potenzielle Kund*innen zu erreichen.  

So ging 1951 der erste Katalog in Druck, in dem die Möbel des noch jungen Unternehmens zu erschwinglichen Preisen angeboten wurden – so erschwinglich, dass Zweifel an der Qualität der Produkte entstanden. Deshalb wurde die erste Möbelausstellung gegründet, damit die Menschen die Produkte vor dem Kauf ansehen und testen konnten. Da der Versand der sperrigen Möbel nicht nur schwierig und teuer war, sondern die Produkte auch oft beschädigt ankamen, wurde 1956 das Konzept der Selbstmontage entwickelt. 

Heute ist Ikea eines der weltweit bekanntesten Einrichtungshäuser, das mit den Angestellten der Lieferant*innen fast eine Millionen Beschäftigte zählt. Während der Print-Katalog nun eingestellt wird, sind neue Verbreitungswege für dessen Inhalte bereits geplant. Vor allem die digitalen Kanäle des Unternehmens sollen gestärkt werden, denn Ikea will in Zukunft nicht nur digitaler, sondern auch besser erreichbar sein. Dafür wurden in den letzten Jahren bereits Feldversuche mit Apps und Social Media durchgeführt. Um den Katalog würdig zu verabschieden, soll im Herbst 2021 zudem eine Hommage in Form eines Buches veröffentlicht werden, in welchem Inspirationen und Einrichtungswissen verewigt werden.


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